Das Schwebebahn-Desaster

Die Wuppertaler Stadtwerke haben zum Um- und Ausbau des Fahrgerüstes der Wuppertaler Schwebebahn beim Land NRW erhebliche Fördermittel beantragt. Der Schwebebahnumbau sollte ursprünglich etwa 370 Mio. Deutsche Mark – rund 189 Mio. € - kosten, die Kosten sind inzwischen aber auf schätzungsweise 400 Mio. € geistigen!

Das Land NRW hat in der Vergangenheit bereits 185 Mio. € Fördermittel ausgezahlt. Nachdem die Kosten stetig stiegen (allein die Pleite der Holzmann-Tochter Lavis - die den Hauptteil der Baulast erbrachte - kostetet die WSW ca. 31 Mio. €, haben die WSW einen erneuten Förderantrag beim Land NRW gestellt. Daraufhin schaltete sich der Landesrechnungshof ein; eine eventuelle neue Förderung würde erst nach positiver Prüfung ausgezahlt. Nach Angaben des WSW Vorstandsvorsitzenden Janning in der WZ vom 24.04.2004 hätte ein Aufschub der Bauarbeiten zusätzliche Kosten in zweistelliger Millionenhöhe verursacht und deswegen haben die Stadtwerke den weiteren Ausbau mit ca. 100 Mio. € vorfinanziert. Pro Jahr entstehen derzeit ca. 6 Mio. Kosten durch Zinsen.

Der Regierungspräsident in Düsseldorf forderte im März 2004 von den WSW ca. 11 Mio. € plus Zinsen zurück, da die Stadtwerke angeblich das Geld für nicht förderfähige Zwecke, z.B. Grundstückskäufe, ausgegeben haben sollen. Die WSW bestreiten dies.

Nachdem der Landesrechnungshof am 23.04.2004 sein Prüfergebnis über die Medien kommunizierte steht eine eventuelle Rückzahlung von etwa 100 (!) Mio. € im Raum, die die Stadtwerke zu unrecht erhalten haben sollen. Insgesamt liefen folgende Forderungen auf:

ca. 11 Mio € + Zinsen (alte Forderung des RP)

ca. 100 Mio € bereits ausgezahlte, zweckentfremdete Landesförderung (neue Forderung des RP)

ca. 120 Mio € noch nicht gezahlte Landesförderung die die WSW bereits vorfinanziert haben und daher noch zusätzliche Zinsleistungen

In der Summe fehlen der WSW nun über 220 Millionen €! Falls die WSW zahlen müssen, währe der „ÖPNV praktisch pleite“ so der damalige Wuppertaler Oberbürgermeister Kremendahl (SPD). Sollte dies eintreten, wären die Folgen für den Personennahverkehr in den 360.000-Einwohner Stadt nicht absehbar. Massive Kürzungen des Angebotes oder sogar das Ende der WSW waren durchaus denkbar.
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2004 war die Verbindungskurve Landstrecke/ Wasserstrecke in Sonnborn nicht erneuert. Nun soll sie ab 2007 erneuert werden
Fotonr: 0404-06 Fotograf: D. Düppel
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Die WSW hatten 2005 umfassend zu den von Büssow erhobenen Vorwürfen Stellung genommen. Die WSW weisen die Vorstellung Büssow, die WSW müssten den Ausbau auch aus eigenen Mitteln finanzieren können, zurück. Kein regionaler Verkehrsdienstleister sei in der Lage, ein derartiges Projekt zu finanzieren. " Die Behauptung des Regierungspräsidenten ist schlichtweg Unsinn, denn wer solch ein Projekt mit eigenen Mitteln finanzieren kann, bekommt dafür gewiss nicht auch noch Förderung vom Land", so die Stadtwerke. Auch dem Argument Büssows, die Landesförderung sei rein freiwilliger Natur, können die WSW nicht folgen. Nachdem das Land die Förderung grundsätzlich bewilligt habe, sei ein Anspruch seitens der WSW erwachsen. Die Wuppertaler Stadtwerke treten auch dem schwerwiegendsten Vorwurf Büssows entgegen, nachdem die WSW Fördermittel zweckentfremdet hätten. Die in der Presse genannten Grundstückskäufe und die Abfindung von Grunddienstbarkeiten seien der Bezirksregierung mitgeteilt wurden und von dieser nicht beanstandet worden. Nach Angaben der WSW soll es sich bei der fraglichen Summe um etwa 75.000 € handeln, die natürlich in keinem Verhältnis zu der geforderten Rückzahlung von 100 Millionen € stehen. Auch ein Dementi Büssows wertet die WSW als Argument gegen die gestellten Forderungen. Auch in den Kritikpunkten der unzureichenden Information der WSW von Landesstellen bei Änderungen der Förderbelange und in der Frage der Ausschreibungen weisen die Stadtwerke die erhobene Kritik zurück.

Mitte 2005 hatte sich die Situation festgefahren. Die WSW bestanden auf die Auszahlung aller Mittel, das Land wies dies zurück und wollte sogar weitere Fördermittel massiv kürzen. Das Land, die Stadt und die WSW traten in Verhandlungen ein, um die Misere noch abzuwenden. Vorausgesetzt die Landesforderungen sind gerechtfertigt, sah damals eine mögliche Lösung so aus: Das Land verzichtet auf die Rückzahlung der zu unrecht geleisteten Zahlungen und zahlt im Gegenzug die von den WSW nachträglich beantragen 120 Mio. € nicht aus. Für die WSW würde dies bedeuten, dass 120 Mio. € plus jährlich etwa 6 Mio. € Zinsen aufgebracht werden müssen.

Im Düsseldorfer Verkehrsministerium wurden Mitte 2005 der Förderantrag der WSW geprüft. Dort kam man zu dem Ergebnis, dass das Land den Schwebebahnausbau noch mit 103 Mio. € fördern wolle. Dies war der Stadt Wuppertal und vor allem den WSW zu wenige. Nachdem der Bescheid zugegangen war, legten die Stadtwerke Widerspruch bei der Bezirksregierung ein. Im Hintergrund liefen parallel dazu Gespräche unter den Beteiligten Akteuren. Auch wenn der Ton in der ersten Phase der Auseinandersetzung rau und von gegenseitigen Vorwürfen geprägt war, gab es den Willen zu einer Einigung zu kommen. Diese konnte dann auch im Herbst 2005 erreicht werden: Die Wuppertaler Stadtwerke verzichten auf sämtliche Rechtsmittel um die strittigen 113 Mio. € beim Land einzuklagen. Damit wurde der Weg für die Zahlung von 105 Mio. Landesmitteln nach Wuppertal frei. Die Auszahlung wird auf 10 Jahre gestreckt. Durch die Einigung wurde der Weg für den weiteren Ausbau der Bahn geebnet. Ab Mitte 2007 soll an den ersten Stellen am Gerüst wieder gearbeitet werden. Die letzten Umbauarbeiten fanden 2003 statt. Nach Beendigung der Förderkontroverse stehen noch folgende Abschnitte am Fahrgerüst zum Umbau an Wagenhalle Vohwinkel, Station Vohwinkel, Übergang Land/Wasserstrecke, Wagenhalle Oberbarmen und Bahnhof inkl. kurzem Trassenstück und einige Bahnhöfe. Um mit den reduzierten Mitteln den Restausbau durchführen können, wurden einige alte Planungen revidiert. So sollen z.B. die noch nicht umgebauten Bahnhöfe nicht wie vorgesehen nach historischem Vorbild erneuert werden sondern wie alle übrigen Stationen durch preiswertere moderne Neubauten ersetzt werden.