Die Wuppertalbahn
Betrachtet man eine Netzkarte aus der Zeit um
1920 erkannt der Betrachter eine große Anzahl von Strichen, die Adern gleich,
das Bergische Land durchziehen. Dies alles sind Bahnlinien. Und zur damaligen
Zeit hatten die Strecken auch die Bedeutung von Adern, sie stellten vielfach die
Existenz zahlreiche Industriebranchen sicher. Doch dann kam der "Rückzug aus der
Fläche". Ein Bahn nach der anderen verlor ersten den Personenverkehr um dann
später komplett Stillgelegt zu werden. Das Auto trat seinen Siegeszug an, der
Bahnbetrieb wurde mehr und mehr unwirtschaftlich und deckte sich irgendwann auch
nicht mehr mit dem Idealbild des wirtschaftlichen expandierenden Deutschland an
dem auch jede Familien partizipieren wollte; symbolisiert durch das eigene Auto.
Zudem traten etliche Bahnlinien in den fatalen Teufelskreislauf der
Fahrplanausdünnung ein: der Fahrplan wird ausgedünnt, Fahrgäste wandern wegen
des schlechten Angebotes an, daher werden weitere Fahrten gestrichen und so
weiter. Am Ende verkehrt dann noch ein sogn. Gesetzeszugpaar am (Werk-) Tag.
Wenig später ist Schicht: Abbau der Betriebseinrichtungen und Gesamteinstellung.
Ganz so schlimm hat es die Wuppertalbahn dann doch nicht erwischt. Aber was ist
die Wuppertalbahn überhaupt?
Mit der Stadt Wuppertal hat die gleichnamige Bahn nur wenig Kontakt. Die
Nebenbahn beginnt in Wuppertal-Rauenthal (kurz vor Oberbarmen an der KBS 458) und
überquert die Wupper auf einem Viadukt, bevor sie dahinter direkt nach Südosten
wegschwenkt. Die KBS 458 nach Remscheid beginnt hier den Anstieg nach Ronsdorf
hinauf. Von nun an liegt die Bahn im Tal der Wupper. Mit einem Stopp im
Haltepunkt Wuppertal-Oehde (heute Öhde geschrieben) und Wuppertal-Laaken führt
die Bahn nach Wuppertal-Beyenburg. Zwischendurch passiert die Bahn den 60 m
langen Beyenburger Tunnel und überquert mehrmals die Wupper. Nun wird der
Beyenburger Stausee mittel einer Stahlbogenbrücke (Fischbauchbrücke) überquert.
Im weiteren Verlauf führt die Bahnlinie über die Orte Remlingrade, Dahlerau,
Dahlhausen und Wilhelmsthal nach Krebsöge, wo eine Bahnline nach Remscheid Lennep
abzweigte. Lennep war damals ein bedeutender Bahnknotenpunkt ( Strecken nach Opladen, Wipperführt/ Dieringhausen, Wilhelmsthal sowie die durchgehende Strecke
Solingen Ohligs - Wuppertal. ) Im heute zu einem Haltepunkt verkommenem Bahnhof
befand sich einst ein großes Betriebswerk.
Die Wuppertalbahn schwenkt von Wilhelmsthal nach Osten und erreicht nach einigen
Haltepunkten Radevormwald. Um 1850 waren im Bergischen Raum zwei große
Eisenbahngesellschaften aktiv, die beide um die Vorherrschaft kämpften. Die BMG,
die Bergisch-Märkische Eisenbahngesellschaft (u.a. Düsseldorf - Hochdahl -
Wuppertal und Wpt Oberbarmen - Ronsdorf - Remscheid) und die REG, die Rheinische
Eisenbahngesellschaft (u.a. Erkrath - W Mirke Wichlinghausen - Dortmund), bauten
zum Teil konkurrierende Strecken (z.B. Nordbahn vs. KBS 485). Sowohl die REG als
auch die BMG planten eine Eisenbahnstrecke von Köln ins Bergische Land. Die
Rheinische Gesellschaft wurde während ihrer Planungen verstaatlicht. Die BMG
hatte etwas mehr Zeit für ihre Planungen, fiel aber später auch an den
Preußischen Staat und kam über den Planungsstatus nicht hinaus. Die aufstrebende
Industrie im Wupper-Tal war aber dringend auf eine bessere Transportanbindung
angewiesen. In einigen Fällen kam es sogar zu Produktionsrückgängen wegen
fehlender Transportkapazitäten. Manche Fabrikanten dachten auch über eine
Verlagerung ihrer Produktion an günstigere Stellen nach. Nach etlichen Eingaben
bei der Regierung und starkem Engagement der betroffenen Fabrikanten und
Gemeinden wurde am 21.05.1883 per Gesetz der Bau einer Eisenbahnlinie von
Remscheid-Lennep (damals war Lennep noch eigenständige Kreisstadt) nach
Dahlhausen über Krebsöge beschlossen. Rund ein Jahr später, am 04.04.1884 wurde
der Weiterbau der Strecke von Dahlhausen nach Wuppertal Rittershausen (heute
Oberbarmen) genehmigt. Der Lenneper Abschnitt konnte schon im Februar 1886
eröffnet werden. Es wurden 1 270 000 Mark verbaut. Am 30.02.1990 ging dann der
Abschnitt Rittershausen - Dahlerau sowie das Stück Krebsöge - Radevormwald in
Betrieb.
Im Zusammenhang mit dem Bau der Wuppertalbahn wurde auch die Strecke Remscheid -
Rittershausen im Bereich Wpt Heckinghausen verlegt. Zu Anfangs lief die Strecke
von Ronsdorf kommend auf Höhe der Straße Bockmühle (heute B 51) in nördliche
Richtung weiter und schwenkte dann bei der Straße 'Auf der Bleiche' nach Westen
um auf Höhe der Widukindstraße/ Wérlestraße am 'Remscheider Bahnhof' zu enden.
Diese Remscheider Bf. lag gegenüber des heutigen Bf. Wpt-Oberbarmen (damals
Barmen Rittershausen) an der KBS 458. Mit diesem Gleisverlauf wurde die Wupper
nicht überquert. Einen Teil der Strecke (Wèrlestr, - Auf der Bleiche -
Walterstr.) wurde bis 1987 von der WSW (Wuppertaler Stadtwerke) als Zufahrt zum
Staßenbahndepot Walterstraße genutzt (heute Sitz der Fa Wasi). Ein weiteres
Stück existiert heute nach als Anschlussgleis für die Fa. Johnas (W-Oberbarmen Gbf. - BÜ Wèrlestr. - Remscheiderstr.) Die Neutrassierung sah vor, auf der Höhe
der heutigen Kreuzung Lenneperstr (B 51)/ Bockmühle) nach Osten auf ein Viadukt
zu schwenken, die Wupper zu überqueren und etwa 1000 m weiter nach Norden
parallel zur Badischenstraße zu fahren. Nach einem kurzem Einschnitt (Brücke
Leibuschstr) mündet die Strecke in den Rauenthalertunnel der die Strecke wieder
nach Westen zwingt. Hier mündet sie in die Hauptbahn Elberfeld - Hagen ein. Am
südlichen Tunnelportal tritt auch der Langerfelder Tunnel zutage, der eine
Verbindung zur Kurve Wichlinghausen (über die heutige Brücke Spitzenstraße zum
jetzigen Containerbahnhof Langerfeld) herstellt, über die sich die Kohlenbahn
nach Hattigen bzw. die Nordbahn erreichen lässt. Durch diese Kurve ersparte man
sich bei Zügen von Hattigen (i.d.R. Kohlezüge) einen Umweg über Vohwinkel oder
Hagen!
Zwischen dem Viadukt über die Wupper und dem Tunnel Rauenthal befindet sich ein
größere, ebene Fläche (ansonsten Hanglage) auf dem später der Betriebsbahnhof Rauenthal errichtet
wurde.
Für die nächsten 20 Jahre war Radevorwald südlicher Endpunkt der Strecke. In der
Zwischenzeit wurde über ein Verbindung nach Köln bzw. eine Relation Kassel -
Köln durch das Oberbergische nachgedacht. Nach zähen Diskussionen entschied man
sich, die Wuppertalbahn über Halver nach Oberbrügge weiter zu bauen. Ferner
wurde eine Strecke von Wipperführth nach Anschlag gebaut. Eine direkte
Verbindung nach Köln über Bergisch Gladbach entstand hingegen nie. Die
realisierten Streckenabschnitte konnten nicht die in sie gesetzten Erwartungen
erfüllen. Nach nur knapp 50 Jahren wurde der Abschnitt Anschlag - Wipperfürth
und wenig später der Abschnitt Halver - Radevormwald wieder stillgelegt.
Entlang der gesamten Strecke wurden etliche Gleisanschlüsse gebaut, deren
Behandlung den Rahmen dieses Berichtes sprengen würde. Neben den
Anschlussgleisen wurden auch zahlreiche Haltepunkte und Bahnhöfe errichtet;
wobei der Begriff Haltepunkt sehr wörtlich zu nehmen ist.
Das Ende der Strecke kam dann 1980: Kurz vor Einführung des Verkehrsverbunds
Rhein-Ruhr (VRR) wurde die Wuppertalbahn - wie zahlreiche andere Strecken auch -
für den Personenverkehr stillgelegt. Nun gab es nur noch Güterverkehr, der
jedoch auch bald stark eingeschränkt wurde. Seit Jahren plante der Wupperverband
den Bau einer Wuppertalsperre, die die Hochwasserproblematik der Wupper
endgültig lösen sollte. Bei Krebsöge wurde in den 80er Jahren ein
Steinschüttdamm errichtet, der die Wupper dort aufstaut. Im Vorfeld der
Bauarbeiten wurde die Wuppertalbahn ab Wilhelmsthal stillgelegt und im Bereich
der Talsperre abgebaut. Es gab verschiedene Pläne einer möglichen
Neutrassierung, die jedoch an den hohen Kosten und dem geringen Nutzen (kein PV,
geringer GV) scheiterten. Seit der Kappung der Strecke verkehrten nur noch CB's
von Wuppertal aus. Der Hauptkunde war die Firma Erfurt südlich des Beyenburger
Tunnels. Dem Tapetenhersteller wurden mehrmals pro Woche Wagen zugestellt. Diese
Leistungen wurden bis 1999 erbracht. Südlich des Tunnels liegt das Gleis in
Hanglage oberhalb der Wupper. Bei lang anhaltenden Regenfällen rutschte ein Teil
des Hanges in die Wupper, so dass das Gleis nicht mehr befahrbar war. Somit ist
der Bahnhof W-Beyenburg nicht mehr erreichbar und der Anschluss der Fa.
Erfurt war nicht mehr befahrbar. Die Bahn stellte die CB Fahrten ein. Schon
zuvor erwarb der Verein zur Erhaltung der Wuppertalbahn ein Stück der
eingleisgen Trasse zum symbolischen Preis von einer Deutschen Mark. Heute besitzt
der Verein die Strecke von Wuppertal-Beyenburg bis zum Ende bei Wilhelmsthal. Auch der
Verein ist von dem Hangrutsch bei Beyenburg betroffen: Die
vereinseigene Strecke ist nun vom Restnetz abgeschlossen. Die Reparatur des
Hangrutsches, die Bahn lehnt eine Instandsetzung ab, zieht sich über Jahre hin.
Die Finanzierung scheint zwar inzwischen gesichert, doch hat nun das EBA wieder
Einspruch eingelegt. Auch im Jahr 2005 ist der Schaden noch nicht behoben.