Sturm sorgt für komplette Betriebseinstellung des Bahnverkehrs

Das Sturmtief Kyrill, das am Abend und in der Nacht des 18. Januar über Deutschland hinweg zog, hat neben erheblichen Schäden auch zu großem Verkehrschaos in ganz Deutschland geführt. Nachdem gegen Nachmittag die Windböen immer mehr an Stärke zunahmen, entschloss sich die Deutsche Bahn den Zugverkehr in nahezu dem gesamten Bundesgebiet nach und nach einzustellen. Somit hat es am 18.01.2007 seit Ende des zweiten Weltkrieges erstmals wieder eine fast flächendeckende Betriebseinstellung in Deutschland gegeben. Gegen 17.15 Uhr wurde in NRW der gesamte Regionalverkehr eingestellt. Zum selben Zeitpunkt wurden bundesweit auch alle Züge des Fernverkehrs gestoppt. In anderen Bundesländern wurde der Regionalverkehr zumeist zu einem späteren Zeitpunkt beendet. Die Züge wurden in den jeweils nächsten Bahnhöfen gestellt.
An zahlreichen Bahnhöfen strandeten daher mehrere zehntausend Reisende. Ein Weiterfahrt war zum Teil erst gegen Mittag des Folgetages möglich. Das die Entscheidung, den Bahnbetrieb noch vor dem Höhepunkt des Sturmes einzustellen, richtig war, zeigten die Schäden die am nächsten Morgen sichtbar wurden. Nahezu alle Bahnstrecken waren von umgestürzten Bäumen blockiert. An den elektrifizierten Strecken waren in vielen Fällen zudem Schäden durch abgerissene Oberleitungen zu verzeichnen. Die Bahn hatte sich zur Betriebseinstellung entschlossen, um Schäden an Mensch und Material zu vermeiden. Somit konnten gefährliche Kollisionen mit Bäumen vermieden werden. Fahrgäste mussten nicht stundenlang in liegengebliebenen Zügen ausharren und auf die gefährliche Evakuierung von Zügen auf freier Strecke konnte verzichtet werden. Schon vor der landesweiten Betriebseinstellung wurde der Zugverkehr auf der KBS 458 (W-Oberbarmen – Remscheid – Solingen Hbf) eingestellt. Diese durch waldreiche Gegenden führende Strecke ist für Schnee- und Windbruch an den Bäumen besonders anfällig, was sich zuletzt eine mehrtägigen Streckensperrung (Schneebruch) im Frühjahr des vergangenen Jahres zeigte.
Die gestrandeten Reisenden hatten zum Teil in den Hallen der großen Bahnhöfe übernachtet. Hilfsorganisationen hatten dort Feldbetten und Tische aufgebaut. Wo es möglich war, wurden Züge an den Bahnsteigen bereitgestellt, in denen sich die Fahrgäste aufhalten konnten. Im Dortmunder Hauptbahnhof standen beispielsweise die gesamte Nacht über zwei beheizte Nachtzuggarnituren für die Menschen zur Verfügung. Am nächsten Morgen konnte der Bahnverkehr zunächst nicht wieder aufgenommen werden. Verkehrende Züge waren die absolute Ausnahme. Nachdem gegen Vormittag auf einzelnen Linienabschnitten wieder ein Pendelbetrieb aufgenommen werden konnte, normalisierte sich die angespannte Situation mit zigtausende wartender Reisenden deren Züge nicht verkehrten, etwas. Bis zum Nachmittag verkehrte auf der Wupperachse fast ausschließlich die S-Bahn-Linie 8 zwischen Mönchengladbach und Witten. Der RE 4 kam nur sporadisch nach Wuppertal, während der RE 7 sowie die RB 48 im Bergischen Land nicht verkehrten. Auch die Linien S 7, S 9 sowie RB 47 fuhren nach Angaben der Deutschen Bahn zu diesem Zeitpunkt nicht. Auf einigen gesperrten Strecken in NRW wurde ein provisorischer Schienenersatzverkehr eingerichtet.
Am Sturmabend fiel gegen 18.15 Uhr in Wuppertal der Strom aus, weil sich drei 100 kV Freileitungen abschalteten. Durch den Spannungsabfall wurde der Schwebebahnbetrieb bis 19.15 eingestellt. Die Ersatzbusse wurde auf die Strecke geschickt, konnten jedoch nach Wiederaufnahme des Schwebebahnbetriebes wieder einrücken. Die O-Buslinien in Solingen wurden durch abgerissenen Fahrleitungen behindert. Der Busverkehr im gesamten Bergischen Land hatte zudem aufgrund gesperrter Straßen und infolge umgestürzter Bäume oder abgedeckter Dächer unter Behinderungen zu leiden. Gleiches galt auch für die anderen Verkehrsbetriebe im Lande. In manchen Orten musste nach Fahrleitungsschäden der Straßenbahn und Stadtbahnbetrieb unterbrochen werden. Die Rheinbahn stellte den Stadtbahnverkehr über die Oberkasseler Rheinbrücke vorsichtshalber ein. In Krefeld rückten die Straßenbahnen am Abend in die Depots ein, nachdem Teiles des Fahrdraht durch den Wind in Schwingungen versetzt wurden sein sollen. In Solingen wurde auf der Bonner Straße ein Linienbus der Bahnen der Stadt Monheim (BSM) von einem umstürzenden Baum getroffen. In dem nur mit wenigen Fahrgästen besetzten Bus trugen einige Personen leichtere Verletzungen davon.

Schon in der Sturmnacht hatte die DB mit den Aufräumarbeiten begonnen. Trotz des Einsatzes zahlreicher Bautrupps konnten die Strecken nur sehr langsam wieder freigegeben werden. Nach Angaben des WDR hat die Bahn im Laufe des Tages Reparaturtrupps aus anderen Ländern in NRW zusammen gezogen. Durch den tagelangen Niederschlag der dem Sturm voraus ging, waren die Böden vielerorts duchweicht. An etlichen bereits geräumten Strecken stützten am Tag nach dem Sturm weitere Bäume um.

Der Sturm hatte nicht nur im Bahnbereich chaotische Zustände verursacht. Am Sturmabend lag des öffentliche Leben weitgehend lahm. Sowohl der Flug- als auch der Straßenverkehr war erheblich beeinträchtigt. Die Aufräumarbeiten in den besonders schwer betroffenen, zumeist waldreichenen Gegenden in NRW haben sich über mehrere Tage hingezogen.

Der Sturm richtete besonders in Nordrhein-Westfalen erhebliche Schäden an. Neben ungezählten Gebäudeschäden waren vor allem in den Wäldern erhebliche Schäden durch Windbruch zu verzeichnen. Mit der Schwere seiner Auswirkungen hat der Sturm Kyrill die Stürme der vergangenen Jahrzehnte übertroffen.